Smartphone Fotografie: 10 Tipps zur Bildgestaltung

Patricia/ Mai 20, 2022/ Technik, Tipps & Tricks/ 0Kommentare

Hier ist er, Teil 2 meines Blogs zum Thema „Bessere Bilder mit dem Smartphone“. Im ersten Teil habe ich euch die wichtigsten Einstellungen gezeigt, heute geht´s an die Bildgestaltung. Diese Tipps gelten natürlich nicht nur für die Smartphone-Fotografie. Es gibt sie schon seit Anbeginn der Fotografie. Und Sie sind auch für alle anderen Kameras gültig.

Wie immer, gilt auch hier, ausprobieren. Bilder von anderen Fotografen analysieren und Ideen holen ist nicht verboten. Im Gegenteil, nicht umsonst gibt es so viele Bücher über Bildgestaltung. Genug Vorgeplänkels, hier nun einige Tipps:

1. Hauptmotiv herausstellen

Legt das Augenmerk auf euer Hauptmotiv. Und vor allem, macht euch klar, was das eigentlich ist. Wenn zu viel auf dem Bild ist, weiß keiner, was ihr überhaupt zeigen wollt. Und das verwirrt den Betrachter oder frustriert ihn, weil er nicht weiß, was das Bild sagen will. Sucht euch also ein Motiv heraus und konzentriert euch darauf. Geht eventuell näher heran oder wechselt den Standort, um überflüssige Details auszublenden. Stellt darauf scharf und macht dann erst das Foto. Sonst könntet ihr später enttäuscht sein, wenn ihr das Foto nach einiger Zeit noch mal anschaut und gar nicht mehr wisst, was da eigentlich so toll war.

2. Goldener Schnitt / Drittelregel

Eine der am häufigsten zitierten geometrischen Regeln ist der Goldener Schnitt. Bei wikipedia findet ihr eine ganz genaue Definition, die euch allerdings nicht weiterhilft, außer ihr seid Mathe-Freaks. Ich habe im Architektur-Studium die Kurzform gelernt: Das Verhältnis des Kleinen zum Großen entspricht dem Verhältnis des Großen zum Ganzen. Auch das hilft nicht wirklich weiter. In der Kunst und Fotografie wird der goldene Schnitt seit Jahrhunderten als Hilfsmittel eingesetzt, um einen harmonischen Bildaufbau zu erzielen. Die These ist: Ein Motiv statisch in der Bildmitte platzieren, wirkt eher uninteressant, es im goldenen Schnitt anzuordnen wirkt wesentlich interessanter.

So viel zur Theorie. In vielen Studien, die sich mit bevorzugten Proportionen beschäftigt haben, wurde nachgewiesen, dass der goldene Schnitt von der Mehrheit der Studienteilnehmer nicht bevorzugt wird. Aha, und was sagt uns das jetzt?

Die Aussage mit der Bildmitte stimmt auf jeden Fall. Ein Foto wirkt schnell langweilig, wenn das Hauptmotiv in der Mitte ist. Es muss dadurch aber nicht grundsätzlich uninteressant werden. Ein grandioser Sonnenuntergang über einem See, am besten mit Spiegelung im Wasser, darf auch symmetrisch ausgerichtet sein. Das verleiht dem Bild Ruhe und drückt vielleicht eure Stimmung zu diesem Zeitpunkt aus.

Ansonsten hilft es, sich etwas an der Drittelregel zu orientieren. Das Display wird in neun gleiche Teile geteilt. An den Linien und Schnittpunkte könnt ihr dann z.B. markante Linien, den Horizont oder das Motiv ausrichten. Oder, ihr vergesst alles und legt den Horizont mal ganz tief, um z.B. das Augenmerk auf den tollen Himmel zu legen oder platziert ein Motiv ganz am Rand des Bildes.

Tipp: So könnt ihr das Drittelraster einschalten: Kamera-App öffnen. Einstellungen (Zahnrad) antippen. Funktion „Raster“ aktivieren.

3. Horizont gerade

Auch eine Regel, die für mich sehr wichtig ist. Mich stört es sehr, wenn der Horizont leicht schief ist. Für mich wirkt das Bild dann immer, wie nebenher gemacht, ohne große Motivation. Es wirkt einfach unnatürlich, wenn z.B. ein See leicht nach rechts unten kippt und man das Gefühl hat, er läuft gleich aus. Als Hilfsmittel könnt ihr hier wieder das Drittelraster verwenden. Einfach den Horizont daran ausrichten und dann erst abdrücken. Und schon bleibt das Wasser im See.

Wenn der Horizont dann doch mal schief wurde, lässt sich in der nachträglichen Bearbeitung korrigieren. Wie das geht, folgt im nächsten Teil des Blogs.

Und auch hier kommt wieder die Ausnahme. Den Horizont offensichtlich schief anordnen ist schon wieder ein Stilmittel zur Bildgestaltung. Das Foto zeigt dann viel mehr Dynamik. Wenn dann noch die Kamera gekippt, und wenn vorhanden, die Weitwinkellinse verwendet wird, kann das einen richtigen WOW-Effekt ergeben. Der Betrachter schaut zwei Mal hin, wenn nicht öfters. Aber Achtung: Bei Personen wirkt das oft sehr unvorteilhaft.

4. Linienführung und Vordergrund


Vordergrund macht Bild gesund.

– alte Fotografen-Weisheit –


Ein alter Spruch aus der Fotografie. Das Foto an sich ist erst einmal zweidimensional. Das dreidimensionale Sehen können nur spezielle Kameras und zum Anschauen braucht es ebenfalls spezielles Equipment. Also müssen wir uns bei der Fotografie mit Stilmitteln behelfen.

Durch verschiedene Ebenen im Bild könnt ihr eine gewisse Tiefenwirkung erreichen. Die wichtigsten Ebenen sind erst einmal Vorder- und Hintergrund. Dazwischen können noch mehr Ebenen liegen. Eine Möglichkeit, Tiefe zu erzeugen ist das Spiel mit der Tiefenschärfe. Durch eine große Blendenöffnung wird z.B. nur der Fokus im Vordergrund scharf, der Hintergrund verschwimmt. Oder auch umgekehrt. Der Fokus kann im Vorder- oder im Hintergrund liegen oder auch irgendwo dazwischen. Leider funktioniert das in der Smartphone-Fotografie aufgrund der Technik nur sehr rudimentär.

Hier gibt es verschiedene andere Möglichkeiten. Beispielsweise die Bilder, die ich gerne als „Durchblick“ bezeichne. Nutzt den Vordergrund als Rahmen. Fotografiert durch die Blätter eines Baums oder durch Toröffnungen. Nutzt die Bäume einer Allee oder Blumenrabatten als Rahmen und zur Linienführung. Schöner Nebeneffekt: ihr könnt unerwünschte Details verstecken z.B. den üblichen störenden Mülleimer oder das in der schönen Landschaft geparkte Auto.

Tiefenwirkung erreicht ihr auch, in dem ihr einen Baum oder Felsen im Vordergrund anordnet, der den Blick in die Tiefe lenkt. Oder natürliche Linien, an denen sich der Betrachter entlanghangeln kann, z.B. einen Weg der ins Bild hineinführt. Am besten auf das Hauptmotiv zu. Oder nehmt eine Baumzeile, einen Zaun, oder auch eine Person, deren Blick auf das Hauptmotiv gerichtet ist, irgendwas findet sich immer.

Tipp: Diagonale und kurvige Linien sorgen für Spannung im Bild.

5. Licht und Schatten / Lichtstimmung

Licht: Eins der essenziellen Themen der Fotografie. Ohne Licht kein Foto. Aber so war dieser Punkt nicht gemeint. Es geht hier mehr um die Gestaltung mit Licht und Schatten und um die verschiedenen Lichtstimmungen.

Zuerst zu Licht und Schatten. Damit könnt ihr wundervolle Kontraste schaffen und auch Tiefe im Bild erzeugen. Zum Beispiel die schon genannte Allee. Durch die regelmäßige Aneinanderreihung von hellen und dunklen Bereichen erreicht ihr einen Effekt, der den Blick des Betrachters im Bild führt.

Oder ihr fotografiert das beleuchtete Hauptmotiv vor einem dunklen Hintergrund z.B. eine Blüte im Sonnenlicht vor einer verschatteten Wand. Auch die schon genannten Durchblickbilder, bei denen der dunkle Vordergrund einen Rahmen bildet, fokussieren den Blick des Betrachters.


Zwischen 11 und 3 hat der Landschaftsfotograf frei.

– alte Fotografen-Weisheit –


Die senkrecht stehende Mittagssonne lässt gerade Landschaften eher neutral erscheinen. Die Sonne scheint direkt von oben, es gibt kaum Schattenwurf. Dadurch wirkt alles platt und einheitlich, ohne Höhen und Tiefen. Jede andere Tageszeit ist für die Landschaftsfotografie besser geeignet. Sobald die Sonne tiefer steht erhält die Landschaft mehr Struktur und Tiefe. Und auch die Lichtstimmung ist eine ganz andere. Morgens in der Dämmerung, am besten mit Bodennebel, oder im warmen Abendlicht, wirkt das Foto doch gleich viel interessanter.

Experimentiert auch gerne mit Gegenlicht. Typisch sind hier effektvolle Lichtsäume. Wählt am besten einen Standpunkt, bei dem die Sonne nicht direkt im Bild ist, sonst sind die Kontraste zu hoch.

Richtig hohe Kontraste könnt ihr jedoch für Scherenschnittbilder nutzen. Das Hauptmotiv wird dann lediglich als dunkle Silhouette gezeigt. Und schon wirken die nervenden Wanderer, die immer ins Bild laufen, als hättet ihr sie extra platziert. Richtig toll funktioniert das im Sonnenauf- oder -untergang.

Fazit: Raus aus den Federn. Der frühe Vogel, nein, Wanderer macht das Bild. Und mehr Ruhe hat man auch. Für die Spätaufsteher eignet sich dann eher der Sonnenuntergang.

6. Sonne verstecken

Noch ein Tipp zum Thema Licht. Versteckt die Sonne. Das bedeutet, fotografiert nicht direkt in die Sonne. Gerade bei Smartphone-Fotos wird die direkt fotografierte Sonne als hässlicher, teilweise unförmiger Fleck aufgenommen. Besser ist, sie hinter Wolken oder Bäumen zu verstecken und nur durch das Licht-Schattenspiel zu zeigen, dass es sonnig war.

Mit der Spiegelreflexkamera könnt ihr, mit einer durchblitzenden Sonne, auch schöne Sonnensterne erzeugen (die eigentlich Blendenstern heißen). Wie das geht, habe ich in meinem Blogbetrag „Ich will auch so einen schönen Sonnenstern.“ beschrieben. Mit dem Smartphone geht das wegen der verbauten Technik nicht. Eventuell bekommt ihr ein paar Lichtreflexe hin. Meistens sind die aber nicht so schön.

7. Motiv nicht abschneiden

Geht nah ran, aber schneidet nichts vom Motiv ab. Das Bild auszufüllen hatte ich schon unter Punkt 1-Hauptmotiv herausstellen beschrieben. Jetzt ist aber auch wichtig, das Motiv ganz zu zeigen. Ein abgeschnittenes Ohr kann das schöne Hundeportrait enorm stören. Ich meine jetzt nicht, dass immer das ganze Motiv zu sehen sein muss. Wenn euer Hauptmotiv die treuen Hundeaugen sind, dürfen die Ohren angeschnitten sein, aber die Augen müssen ganz aufs Bild. Ebenso bei einem Wolkenkratzer oder Turm. Ist die Spitze abgeschnitten, wirkt das Foto nicht mehr. Legt ihr den Fokus auf den Eingang, ist die Spitze nicht so wichtig.

8. Negativer Raum

Häh, was ist denn das? Man könnte auch leerer Raum sagen. Wobei der ja nicht leer ist. Eigentlich ist es Platz auf dem Bild, in dem nicht viel passiert. Das Foto wirkt durch Einfachheit und Minimalismus. Dieses Stilmittel bietet dem Betrachter die Möglichkeit, sich auf das Hauptmotiv zu konzentrieren. Diese Bilder wirken oft sehr ruhig, bieten aber auch eine enorme Portion Spannung.

9. Ändere die Perspektive

Als anerkannt gilt: Begebt euch auf Augenhöhe mit dem Motiv. Bei Menschen ist das recht einfach, bei Tieren muss man schon mal in die Knie gehen. Ok, bei einer Giraffe wird’s etwas schwieriger, wenn sie nicht gerade den Kopf senkt. Ebenso bei Bäumen im Wald. Mal davon abgesehen, dass diese keine Augen haben.

Ok, also auf Augenhöhe. So weit, so gut. Aber mit der Zeit wird das auch langweilig. Der besondere Reiz macht dann doch eine Perspektive aus, die nicht alltäglich ist. Da wäre zum Beispiel die Froschperspektive. Fotografiert den Farn nicht wie üblich von oben. Wählt mal eine Perspektive ganz tief unten, und fotografiert den Farn aus der Sicht eines Froschs, also von unten. Und schon wirkt das Foto als wäret ihr in einem Dschungel mit riesigen Pflanzen. Übrigens auch wieder ein Vorteil der Fotografie mit dem Smartphone, das passt fast überall drunter. Im Zweifelsfall könnt ihr auch mit der Frontkamera fotografieren, so seht ihr das Display noch. Ansonsten kann das ein ziemlicher Blindflug werden.

Oder stellt auch auf einen erhöhten Punkt und macht ein Foto von oben. Wie auch immer, versucht etwas anderes. Ganz nach dem Zitat aus dem Film „Club der toten Dichter“:


Ich habe mich auf den Schreibtisch gestellt, um mir klarzumachen, dass wir alles auch aus anderer Perspektive sehen müssen. Von hier oben sieht die Welt wirklich anders aus. Glauben Sie mir nicht? Dann steigen Sie selbst hier hoch. […] Haben Sie den Mut, Ihren eigenen Weg zu suchen.

Robin Williams als John Keating


10. Panoramen erstellen

Das Motiv passt nicht aufs Bild? In der Smartphone-Fotografie kein Problem, zumindest bei breiten Motiven, wie Landschaften. Macht einfach ein Panorama. Die Panorama-Funktion aktivieren, auf den Auslöser drücken und das Smartphone gleichmäßig von einer zur anderen Seite schwenken. Wenn ihr fertig seid, drückt wieder den Auslöser zum Beenden der Aufnahme. Haltet das Handy dabei senkrecht, dann passt mehr aufs Bild und achtet darauf, die Höhe nicht zu sehr zu verändern. Sonst wird später zu viel abgeschnitten.

Tipp: In Facebook können Panoramen durch Drehen des Smartphones betrachtet werden.

So, jetzt ist der Blog doch etwas länger geworden als geplant. Und ich habe noch lange nicht alles geschrieben, was mir so in den Kopf kam und wichtig erscheint. Ich hoffe, ihr habt bis hierhin durchgehalten und konntet etwas für euch mitnehmen. Wenn ja, lasst mir doch einen Kommentar da und teilt den Blog gerne mit euren Freunden.

Und wenn ihr den ersten Teil „11 Tipps wie du dein Smartphone optimal einstellst“ noch mal lesen wollt: dann geht´s hier lang.

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*